
Corona-Impfstoff Novavax – Höheres Risiko für Herzmuskelentzündung?
Als UPDATE zu meinem Artikel vom 21. September 2021: Impfstoffe: Vektor – DNA – mRNA? – Versuch einer Erklärung
Wie funktioniert der Impfstoff Nuvaxovid der Firma NOVAVAX im Vergleich zu mRNA- und Vektor-Impfstoffen?
Der Impfstoff mit dem Handelsnamen „Nuvaxovid“ (NVX-CoV2373) ist ein rekombinanter proteinbasierter Impfstoff zum Schutz vor Infektionen* mit dem SARS-CoV-2 Virus. Er ist seit dem 20.12.2021 in der EU zugelassen. Zulassungsinhaber ist Novavax, CZ.
„Rekombinant“ bedeutet, dass die enthaltenen Proteine in gentechnisch veränderten Zellkulturen hergestellt wurden. In diesem Fall handelt es sich um das Spike-Protein von SARS-CoV-2, welches das Virus nutzt, um in die Zellen zu gelangen.
Wie schon die bisher verfügbaren Corona-Schutzimpfungen soll der Körper mit seiner Immunantwort also auch beim Novavax-Impfstoff auf das Spike-Protein reagieren. Anders als bei mRNA- und Vektor-Impfstoffen ist im Proteinimpfstoff jedoch kein Bauplan enthalten, womit der Körper das Spike-Protein selbst herstellt, sondern das fertige Spike-Protein in Form von Nanopartikeln.
Laut Angaben des Herstellers braucht der Novavax-Impfstoff für eine starke und langanhaltende Immunantwort einen Wirkverstärker, auch Adjuvans genannt.
Anmerkung: Warum reagiert unser Immunsystem nicht auf den alleinigen Impfstoff? Ist es zu geschwächt durch bereits bestehende Belastungen? Oder hält es den „Angreifer“ schlicht für zu wenig gefährlich, um darauf zu reagieren? In beiden Fällen wäre der Einsatz eines „Wirkverstärkers“ eher fragwürdig. (siehe hierzu auch den Beitrag von Florian Schilling, „Nach der 3. Covid-Impfung ist das Immunsystem funktional erschöpft“)
Der Wirkverstärker in der Novavax-Impfung basiert auf Saponinen, die zusammen mit Lipiden aus dem chilenischen Seifenrindenbaum gewonnen werden. Saponine sind Bitterstoffe, die zum Beispiel für die Schaumbildung auf Bier oder bei der Verwendung von Shampoos sorgen.
Beschäftigte im Gesundheitswesen im Fokus
Vorgesehen ist, daß zunächst vor allem Beschäftigte im Gesundheitswesen mit dem neuen Impfstoff versorgt werden wegen der hier bereits vorhandenen Impfpflicht. Die Behörden hatten ursprünglich die Hoffnung, durch die veränderte Impfstoff-Wirkweise impfskeptische Menschen doch noch überzeugen zu können. Die Nachfrage war jedoch gering und bislang hat Novavax „nicht den erhofften Effekt für das Schließen der Impflücke gebracht„, wie aus dem Sozialministerium in Baden-Württemberg verlautet.
Der Impfstoff von Novavax ist glücklicherweise mehrere Monate bei einfacher Kühlung haltbar: laut Auskunft der Ständigen Impfkommission bis zu neun Monate bei zwei bis acht Grad Celsius. Die Handhabung dieses Serums dürfte einfacher sein als bei anderen Corona-Impfstoffen, weil kein Transport in Gefrierboxen nötig ist. Es könnte also je nach Produktionsdatum bis Sommer oder Herbst reichen.
US-Arzneimittelbehörde sieht „Anlass zur Sorge“ bei Nuvaxovid, Hersteller sieht keinen Zusammenhang
Die US-Arzneimittelbehörde FDA ist besorgt über ein mögliches Risiko einer Herzmuskelentzündung beim Corona-Impfstoff von Novavax. Die Behörde veröffentlichte eine Analyse zu den Daten der klinischen Versuche mit dem neuen Impfstoff. Demnach waren bei Versuchspersonen, die den Impfstoff erhielten, sechs Fälle von Herzmuskelentzündung aufgetreten. Bei der Gruppe, die nur ein Placebo erhielt, war es nur ein Fall. Insgesamt nahmen 40.000 Menschen an den Studien teil.
„Die Identifizierung mehrerer Fälle, die möglicherweise mit dem Impfstoff in Verbindung gebracht werden“, gebe „Anlass zur Sorge„, erklärte die FDA. Demnach könnte das Risiko einer sogenannten Myokarditis bei Novavax höher sein als bei den mRNA-Impfstoffen von BioNTech/Pfizer und Moderna.
Bei letzteren war insbesondere bei jungen Männern das Risiko einer Herzmuskelentzündung festgestellt worden, allerdings erst nach den klinischen Versuchen, wie die FDA betonte. Nun soll ein unabhängiger Expertenausschuss der FDA zusammentreten und das Risiko des Novavax-Impfstoffs bewerten.
Nach der Mitteilung der US-Arzneimittelbehörde brach die Aktie des Herstellers um 20 Prozent ein. Das Unternehmen erklärte jedoch: „Wir glauben, dass es keine ausreichenden Beweise für einen kausalen Zusammenhang zwischen den Myokarditisfällen und dem Impfstoff gibt.“
„Hongkong sollte uns eine Warnung sein“
Die Virologin Sandra Ciesek, Direktorin der Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main, warnt angesichts Millionen immer noch ungeimpfter Menschen über 60: „Man sieht, wie wichtig die Priorisierung bei den Impfungen bei uns war, weil sie vor einem schweren Verlauf schützt“*.
Der Blick in andere Regionen bestärkt sie in ihrer Auffassung: „Hongkong sollte uns eine Warnung sein, dass Omikron nicht harmlos ist, wenn man nicht immunisiert ist, vor allem in diesem Alter.“ Dort gibt es derzeit vermehrt Todesfälle in der älteren Bevölkerungsgruppe, mutmaßlich bei Ausbrüchen in Heimen bei unzureichender Impfquote bei den Älteren.
* Anmerkung: Wovor schützen die Impfstoffe denn nun? Infektion oder schwerem Verlauf??!
Stand: 04.06.2022 09:00 Uhr; über dieses Thema berichtete BR24 am 04. Juni 2022 um 14:45 Uhr.
PS: Seit dem 24. Juni 2022 ist ein weiterer Corona-Impfstoff in der EU zugelassen:
COVID-19 Vaccine (inactivated, adjuvanted) von Valneva
COVID-19 Vaccine (inactivated, adjuvanted) Valneva ist ein inaktivierter und adjuvantierter Ganzvirusimpfstoff zum Schutz vor Infektionen mit dem SARS-CoV-2 Virus für Personen im Alter zwischen 18 und 50 Jahren.
Er enthält ganze Partikel des ursprünglichen SARS-CoV-2-Stammes (das Virus, das COVID-19 verursacht), der inaktiviert (abgetötet) wurde und die Krankheit nicht verursachen kann. Adjuvantiert bedeutet, daß der Valneva-Impfstoff neben den abgetöteten Coronaviren zwei Adjuvantien (Impfstoffverstärker) enthält:
- Aluminiumhydroxid: Das Adjuvans basiert auf Aluminiumverbindungen und regt die Immunantwort des Impfstoffs an. Es wird beispielsweise in den Impfstoffen gegen Diphterie oder Tetanus bereits erfolgreich eingesetzt.
- CpG 1018: Es handelt sich hierbei um einen DNA-Schnipsel, der bereits in einem Hepatitis-B-Impfstoff verwendet wird. CpG 1018 (cytosine phospho-guanine) regt besonders die Immunantwort der T-Zellen an. T-Zellen erkennen Fremdkörper und schlagen Alarm. Zudem erkennen sie bereits infizierte Zellen und töten diese.
Er wird für die Erstimpfung verwendet. Zulassungsinhaber ist die Valneva Austria GmbH.
Es ist der sechste in der EU empfohlene Impfstoff zum Schutz gegen COVID-19 und soll zusammen mit den bereits zugelassenen Impfstoffen die Impfkampagnen in den EU-Mitgliedstaaten während der Pandemie unterstützen.
Nach einer gründlichen Bewertung kam der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP: Committee for Medicinal Products for Human Use) der EMA im Konsens zu dem Schluss, dass die Daten über den Impfstoff solide sind und die EU-Kriterien für Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität erfüllen.
Die wichtigste Studie, die mit dem Impfstoff von Valneva durchgeführt wurde, ist eine Immunobridging-Studie. Bei Immunobridging-Studien wird die durch einen neuen Impfstoff ausgelöste Immunreaktion mit derjenigen verglichen, die durch einen zugelassenen Vergleichsimpfstoff ausgelöst wird, der sich als wirksam gegen die Krankheit erwiesen hat.
Die Ergebnisse der Studie, an der fast 3 000 Personen im Alter von 30 Jahren und älter teilnahmen, zeigten, dass der Impfstoff eine höhere Produktion von Antikörpern gegen den ursprünglichen Stamm von SARS-CoV-2 auslöst als der Vergleichsimpfstoff Vaxzevria. Darüber hinaus war der Anteil der Personen, die eine hohe Menge an Antikörpern produzierten, bei beiden Impfstoffen ähnlich.
Der CHMP kam daher zu dem Schluss, dass der COVID-19-Impfstoff (inaktiviert, adjuvantiert) Valneva beim Schutz vor der Krankheit voraussichtlich mindestens ebenso wirksam ist wie Vaxzevria. Auf der Grundlage der vorgelegten Daten war es nicht möglich, Schlussfolgerungen über die Immunogenität des Impfstoffs von Valneva (seine Fähigkeit, die Produktion von Antikörpern auszulösen) bei Personen über 50 Jahren zu ziehen; daher wird der Impfstoff derzeit nur für die Verwendung bei Personen zwischen 18 und 50 Jahren empfohlen.
Es liegen nur begrenzte Daten über die Immunogenität des COVID-19-Impfstoffs (inaktiviert, adjuvantiert) Valneva gegen bedenkliche Varianten vor, einschließlich der Omicron-Untervarianten, die derzeit in vielen EU-Ländern vorherrschen.
Die in Studien mit dem Impfstoff COVID-19 (inaktiviert, adjuvantiert) Valneva beobachteten Nebenwirkungen waren in der Regel mild und klangen innerhalb weniger Tage nach der Impfung ab. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Empfindlichkeit oder Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und Übelkeit oder Erbrechen.
Die Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs werden im Zuge der EU-weiten Anwendung des Impfstoffs durch das EU-Pharmakovigilanzsystem und zusätzliche Studien des Unternehmens und der europäischen Behörden weiter überwacht.
Auf der Grundlage der verfügbaren Daten kam der CHMP zu dem Schluss, dass der Nutzen des Impfstoffs COVID-19 (inaktiviert, adjuvantiert) Valneva gegenüber den Risiken überwiegt, und empfahl die Erteilung einer Standardzulassung in der EU.