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Gesundheits-Magazin

Eiweiß – Proteine

Was genau ist Eiweiß?

Eiweiß, auch Protein genannt, gehört neben Kohlenhydraten und Fetten zu den drei Makro-Nährstoffen. Sie bestehen aus unterschiedlich langen Ketten verschiedener Aminosäuren. Insgesamt kennen wir ca. 400 unterschiedliche Aminosäuren, für uns Menschen sind davon 20 von Bedeutung. Acht Aminosäuren (Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan, Valin)  sind „essentiell“. Das heißt, sie sind für uns lebensnotwendig und der Körper kann sie nicht selbst produzieren. Sie müssen über die Nahrung zugeführt werden.

Die  in den Lebensmittel enthaltenen Nahrungs-Proteine werden nach Aufnahme von Nahrung in Magen und Darm in die einzelnen Aminosäuren aufgespalten. In der Leber werden sie weiterverarbeitet und zu Körper-Proteinen neuaufgebaut. Eiweiße dienen vor allem als Bau-Material und unterstützen die unterschiedlichsten Körper-Funktionen.

Gespeichert wird Eiweiß v.a. in der Muskulatur. Im Bedarfsfall ist das Muskel-Eiweiß ist am schnellsten verfüg- und abbaubar. Daher werden Muskeln bei Mangelernährung oder bei erhöhtem Bedarf, z.B. während Erkrankung oder nach Operationen, schnell abgebaut. Nicht zuletzt  deswegen ist eine bedarfsgerechte Ernährung z. B. im Krankenhaus extrem wichtig. Doch die heutige Realität in vielen Krankenhäusern spricht leider eine andere Sprache.

Aufgaben von Eiweiß

Der menschliche Körper besteht zu 70 % aus Wasser und zu 20 Prozent aus Eiweißen. Alles andere verteilt sich auf die restlichen 10 %. Eiweiße zirkulieren permanent durch unseren Körper, da er stetig Zellen auf- und abbaut. Eiweiße sind praktisch an jedem Prozess im Körper und am Bau fast aller Zell-Arten beteiligt („Bausteine des Lebens“). Die Körperzellen wiederum bilden aus Eiweißen, ihrem genetischen Auftrag folgend, ihre zell-spezifischen Produkte, z.B. Enzyme, die für hunderte von Stoffwechselprozessen benötigt werden. Antikörper unseres Immunsystems entstehen aus Proteinen (Immunglobuline). Darüber hinaus dienen Eiweiße auch als Energieträger.

Qualität von Eiweiß („Biologische Wertigkeit“)

Aminosäuren, die Grundbausteine der Eiweiße, sind chemische Verbindungen aus Stickstoff (N), Kohlenstoff (C) und Sauerstoff  (O). Die Qualität eines Eiweißes bestimmt sich über die sogenannte biologische Wertigkeit. Sie bemißt sich danach, wie viel Gramm Körper-Protein ohne Stickstoff-Freisetzung im Körper (Freisetzung = Belastung: „freier“ Stickstoff = Gift für den Körper) durch 100 Gramm Nahrungs-Protein aufgebaut werden kann. Diesen Vorgang nennt man „Anabolie“.

Jede organische Struktur -so auch der Mensch- hat ein für sich typisches und optimales Muster an essentiellen Aminosäuren  (Master Amino-Acid Pattern: MAP). Je mehr die Zusammensetzung essentieller Aminosäuren in der jeweiligen Nahrung derjenigen des Menschen ähnelt, desto höher ist die biologische Wertigkeit, desto mehr kann von diesem Nahrungs-Eiweiß anabol (= aufbauend, ohne Stickstoff-Freisetzung) verwendet werden.
Im Allgemeinen sind tierische Proteine dem MAP des Menschen erheblich näher und haben somit eine für ihn höhere biologische Wertigkeit als pflanzliche Proteine. Dies ist insofern logisch, da der Mensch, zumindest laut der aktuell anerkannten Evolutions-Theorie, zum Tierreich gehört und nicht zur Pflanzenwelt.

Als übergeordneter Richtwert dient gegenwärtig das Hühnerei. Nach derzeitigem Erkenntnisstand über alle uns bekannten Lebensmittel kommt die Zusammensetzung der essentiellen Aminosäuren im Hühnerei dem menschliche MAP am nächsten. Die anabole Eiweiß-Nutzung und damit „gefahrlose“ Stickstoff-Verwertung beim Hühner-Ei  (engl.: Net Nitrogen Utility -NNU) liegt bei 48 %, eine effizientere Stickstoff-Verwertung ist derzeit nicht bekannt.
Das bedeutet, im katabolen Abbau-Prozeß nicht verwertbarer Eiweiß-Anteile werden beim Hühnerei 52 % Stickstoff freigesetzt und müssen möglichst zügig, da für den Körper schädigend, über die Nieren ausgeschieden werden (zum Vergleich: Fisch, Fleisch, Geflügel: NNU 28-36 %, Soja: NNU 17 %, Milch, Molke, Kasein: 16 %).
Mangels besserer Optionen setzte man also für das Ei eine grundlegende Wertigkeit von 100 fest, wobei diese Vorstellung durchaus ihren Charme hat, wenn man bedenkt, daß aus einem Ei, gibt man ihm etwas Ruhe und Wärme, ein komplettes, kuscheliges Leben entsteht.

Allerdings haben auch pflanzliche Produkte eine hohe Menge an Eiweißen mit einer akzeptablen biologischen Wertigkeit. Doch haben sie zumeist einen zusätzlichen und gegenüber Eiweiß höheren Kohlehydrat-Anteil. Dies gilt insbesondere für Hülsenfrüchte und v.a. für Weizen. Ausnahmen hiervon sind Nüsse, Kerne und Samen, die als einzige Pflanzen-Spezies in der Regel einen größeren Protein- als Kohlenhydratanteil haben. Soja mit seinen Inhaltsstoffen stellt in diesem Zusammenhang ein eigenes Kapitel dar und würde hier den Rahmen sprengen.

Zusammenfassend kann man sagen, daß sich durch vielfältig mögliche Kombinationen verschiedener Proteinquellen die biologische Wertigkeit optimieren läßt.

Wie und wieviel Eiweiß sollte man täglich zu sich nehmen?

Es gibt keinen pauschalen Wert dafür, welche Eiweißzufuhr für die jeweilige Situation optimal ist. Dies ist stets abhängig von individuellen Faktoren, wie Grundumsatz, Aktivitätslevel, Ernährungsform und ggfs. auch von persönlichen Zielsetzungen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt aktuell bis zum Lebensalter von 65 Jahren 0,8 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht, um Funktionseinbußen und Verlust von Muskulatur sowie eine Schwächung des Immunsytems zu vermeiden. Aktuelle wissenschaftliche Forschungsergebnisse fordern jedoch, um eine ausreichende Anabolie zu gewährleisten, für den normal-belasteten menschlichen Körper täglich mindestens 1 g Eiweiß pro Kilogramm (kg) Körpergewicht (KG)  – unter den derzeitigen alltäglichen Umwelt-Anforderungen sogar 1,2 – 1,5 g /kg KG.

Bleibt noch zu definieren, was unter „Normal-Belastung“ zu verstehen ist….?!

Oben angeführte Werte bedeuten

  • bei einem Menschen mit Normalgewicht (75 Kilo Gewicht bei 1,80 Meter Größe) einen Bedarf von mindestens 75 g Eiweiß pro Tag.*
  • Für Schwangere gelten höhere Mengen (durchaus bis 2 g pro kg KG).
  • Für regelmäßig trainierende Sportler werden 1,4-2,0 g/kg KG pro Tag von der „International Society for Sports Nutrition“ empfohlen.
  • In einer Diät sollte die Proteinzufuhr auf 1,6 g/kg und mehr ansteigen.
  • Bei Übergewicht (z.B. 90 kg KG bei nur 1,60 Meter Größe) reicht nach den derzeitigen Empfehlungen so viel Eiweiß, wie für Normalgewichtige empfohlen wird (im Beispiel etwa 75 g Eiweiß).

Je nach Größe des Kaloriendefizits in einer Diät und Höhe des Körperfettanteils bei Übergewichtigen sollte die zugeführte Eiweißmenge im Bedarfsfall höher ausfallen.
Unter normaler Belastung (s.o.!) sollten zusätzliche Protein-Shakes bei Gesunden gemeinhin nicht nötig sein.
Bei einer ausgewogen-achtsamen Ernährung sollte der Bedarf an Eiweiß grundsätzlich über eine natürliche Ernährung zu decken sein (s.o.: Kombination der verschiedenen Proteinquellen).

Bild von Engin Akyurt auf Pixabay

Eiweißmangel im Alter

Häufige Erscheinungen bei Menschen in fortgeschrittenem Lebensalter (Senium) sind Bewegungsarmut und Appetitlosigkeit. Wer sich kaum bewegt, bekommt auch kaum Hunger – und alleine essen macht auch weniger Spaß.

Fehlender Appetit und Schwierigkeiten beim Kauen können Auslöser eines Proteinmangels sein, aber auch die Verdauung ändert sich im Alter: Die Magensäureproduktion nimmt ab und damit die nachgerade die wichtige Vorverdauung der aufgenommenen Eiweiße. Die Aufnahme von Nährstoffen aus dem Darm allgemein verliert an Effektivität. Entzündungsprozesse im Körper steigern den Eiweißbedarf zusätzlich.

Bekommt der Körper zu wenig Protein, schaltet er auf Notversorgung und holt sich die fehlenden Aminosäuren aus der Muskulatur, die er quasi „verdaut“. So ist es nicht verwunderlich, daß gerade ältere und alleinstehende Menschen häufig unbemerkt und schleichend einen Proteinmangel entwickeln und Muskelmasse verlieren.

Die Betroffenen leiden unter Müdigkeit und Antriebsschwäche. Der Muskelabbau zeigt sich auch durch Schmerzen beim Sitzen, weil die Po-Muskulatur als Polster fehlt.

Proteinmangel im Alter entwickelt sich zu einem zunehmenden gesellschaftlichen und gesundheitspolitischen Problem – etwa jeder dritte ältere Mensch ist davon betroffen. Seit neuestem werden für ältere und kranke Menschen werden Proteinzufuhren von 1,2-1,5 g/kg gegen zunehmenden Muskelschwund und Muskelfunktionsverluste empfohlen. Helfen kann eine eiweißreiche Zusatznahrung in Form von sogenannten Astronautendrinks oder qualitativ hochwertigen Eiweißergänzungen.

  1. Stuart M Phillips, Douglas Paddon-Jones, and Donald K Layman: Optimizing Adult Protein Intake During Catabolic Health Conditions Adv Nutr. 2020 Jul; 11(4): S1058–S1069.
  2. Carbone, J.W.; Pasiakos, S.M. Dietary Protein and Muscle Mass: Translating Science to Application and Health Benefit. Nutrients 2019, 11, 1136).

Eiweiß – hinter den Vorhang geschaut!

Kommen wir noch einmal zur immer wieder zu findenden Empfehlung von täglich 0,8 g Eiweiß pro kg Körpergewicht. Diese Marge wurde nie als optimale Menge ermittelt. Es ist nur die minimale Zufuhrempfehlung, die nicht unterschritten werden sollte, um Mangel-Erscheinungen zu vermeiden.

Wie wurde diese Minimalempfehlung von 0,8 g/kg ermittelt? Man hat untersucht, bei welcher Eiweißzufuhr der Körper keinen Eiweißverlust mehr erfährt und dabei noch alle unverzichtbaren Aminosäuren erhält.

Dabei schaut man sich die Stickstoffbilanz des Körpers an. (https://de.wikipedia.org/wiki/Stickstoffbilanz)
Ist die Stickstoffbilanz negativ, verliert man Eiweiß. Ist sie neutral oder positiv, verliert man kein Eiweiß. Der Wert, bei dem die Stickstoffbilanz im Schnitt nicht mehr negativ ist, liegt bei 0,66 g/kg KG.

Man postulierte, daß bei diesem Wert etwa  50 % der Bevölkerung ausreichend versorgt sind. Damit 97,5 % der Bevölkerung ausreichend versorgt sind, gab man einen kleinen Sicherheitszuschlag obendrauf und landet bei den 0,8 g Eiweiß pro kg Körpergewicht. Damit haben wir jedoch keinesfalls die optimale Menge. Wir wissen nur, welchen Wert man nicht unterschreiten sollte, damit kein Eiweißmangel auftritt.
Trotzdem stellen selbst professionelle Experten (DGE!) die minimale Zufuhrempfehlung von 0,8 g/kg als „empfohlene Tageszufuhr“ dar, was ein Ideal oder Optimum suggeriert. Das jedoch geben die Daten nicht her.

Wie viel Eiweiß man zu sich nehmen soll, hängt von der jeweiligen Aktivität, der individuellen Ernährungsform und ggfs. von einem gesteckten Trainingsziel ab. Wie hoch der Eiweiß-Kalorien-Anteil am Grundumsatz sein sollte, entscheiden ebenfalls die vorgenannten Kriterien.
Wenn man allerdings das Ziel hat, Muskeln aufzubauen, sollte man die Menge an Nahrungs-Protein auf bis zu 2g/kg KG erhöhen. Muskulatur ist Stoffwechsel-aktive Masse. Je besser der Trainingszustand ist, desto erhöhter ist die Körper-Proteinsynthese, es wird also mehr Nahrungs-Protein verstoffwechselt.

Aufpassen!
Bei einer erhöhten Eiweißzufuhr muss immer auf eine ausreichende Trinkmenge geachtet werden. Im Eiweißstoffwechsel fallen Harnstoffprodukte an (Stickstoff-Abfall!). Dieser „Abfall“ wird über die Nieren im Urin ausgeschieden. daher ist es sinnvoll, dass der Körper genügend Wasser zur Verfügung hat, um diese Stoffe auszuspülen und Ablagerungen zu verhindern.
Weiter zu beachten ist, dass die Nahrungs-Proteinzufuhr auf mehrere Mahlzeiten verteilt ist. So vermeidet man, dass die Nieren einem zu hohen Harnstoffgehalt ausgesetzt werden und versorgt gleichzeitig den Körper-Eiweißpool ständig mit Nachschub.

Grundsätzlich gilt: Anders als Kohlenhydrate und Fett fördert Eiweiß keine schnelle Gewichtszunahme durch Fetteinlagerung. Im Allgemeinen ist es empfehlenswert, viel Eiweiß zu sich zu nehmen. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass eine erhöhte Eiweißzufuhr positive Effekte auf Muskelaufbau, Hormone und Gesundheit hat. Wenn Eiweiß eingelagert wird, dann eher als Muskel-Glykogen für akute Energiebedürfnisse.

Um stetig die verschiedenen essentiellen Aminosäuren aufnehmen zu können, ist es wichtig, seine Ernährung vielfältig zu halten. Die Natur regt uns mit ihrem reichhaltigen Nährstoff-Angebot  nachgerade dazu an, ihre „Lebens“-Mittel zu kombinieren, um die verschiedenen Aminosäuren in Kombination aufnehmen zu können.

* Die folgende Auflistung liefert einige der wichtigsten tierischen und pflanzlichen Eiweißlieferanten:

Tierische Eiweißlieferanten (TOP 10)
Lebensmittel je 100g Eiweiß in g Kohlenhydrate in g Fett in g Kcal
Harzer Käse 30 0 0,7 126
Rinderhüftsteak 28 0,3 12,6 229
Thunfisch 25 0 0,8 107
Putenbrust 24,6 0 1 107
Lachsfilet 23 0 7 159
Krabben 18,6 0,7 1,4 91
Milch 16 5 5 48 (1,5%)
Hüttenkäse 13,3 3,3 1,4 81
Magerquark 13 4 0,2 75
Eier (Größe L) 10 1 12 158
Weitere tierische Eiweißlieferanten (TOP 10)
Fischfilet (150 g) 30 g Eiweiß
Schälchen Quark (150 g) 18 g Eiweiß
Glas Milch (200 ml) 6 g Eiweiß
Gouda (30 g) 6 g Eiweiß
Handvoll Nüsse (30 g) 5 g Eiweiß
Parmesankäse (100 g) 36 g
Putenbrust (100 g) 23 g
Rindfleisch (100 g) 22-30 g
Hüttenkäse (100 g) 13 g
Pflanzliche Eiweißlieferanten (TOP 10)
Lebensmittel je 100g Eiweiß in g Kohlenhydrate in g Fett in g Kcal
Spirulina-Alge (getrocknet) 59,8 20,20 4,1 367
Süß-Lupine 33 6,3 5,9 292
Sojabohnen 36 30 20 446
Sonnenblumenkerne 26,1 34,7 26,3 590
Hanfsamen 33 12 44 587
Mandeln 24 5,7 53 611
Chiasamen 17 42 31 486
Natto** 17,7 1,8 11 176
Quinoa 14,7 62 4 355
Tofu 8,1 1,9 4,8 81
Kartoffeln 2,0 14 0,1 73 (gekocht)

** Natto – für europäische Zungen gewöhnungsbedürftige, traditionelle japanische Speise aus Sojabohnen. Die gekochten Bohnen werden durch Einwirkung eines zugesetzten Bakteriums Bacillus subtilis ssp. natto fermentiert. Dadurch entsteht ein stark geruchsgebender Schleim um die Bohnen.

Weitere interessante Artikel

Trumbo, P.; Schlicker, S.; Yates, A.A.; Poos, M. Dietary Reference Intakes for Energy, Carbohydrate, Fiber, Fat, Fatty Acids, Cholesterol, Protein, and Amino Acids (Macronutrients); National Academies Press: Washington, DC, USA, 2005; ISBN 978-0-309-08525-0.