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Gesundheits-Magazin

Menschen und die Angst vor Viren

Wo kommen Viren eigentlich her?

Viren sind uns Menschen um vieles näher, als wir bis vor kurzem noch glaubten. 2001 gelang es Wissenschaftlern, das menschliche Genom, die „Erbsubstanz“, zu entschlüsseln. Zur großen  Überraschung stellte man dabei fest, dass das menschliche Erbgut zu mindestens 50 Prozent aus Viren, ehemaligen Viren oder virusähnlichen Elementen besteht. (1)

Menschen und Viren haben schon sehr lange eine gemeinsame Historie. Macht man sich frei von dem meist negativen Image der Viren, wird deutlich, dass sie, genau wie (Darm-)Bakterien für viele Funktionen wichtig sind, die uns ein gesundes Leben ermöglichen.(2) Sachliches Wissen hierüber sollte uns in die Lage versetzen, unvoreingenommen und ohne Angst diesen Kleinst-Strukturen gegenüberzutreten.

Viren besiedelten die Erde lange vor den Menschen. Sie sind Schätzungen zufolge die größte biologische Population. Man hat hochgerechnet dass es etwa 1033 Viren gibt, doch „nur“ 1025 Sterne im Universum.

Die Wissenschaft streitet heute darüber, ob Viren die ersten Lebewesen waren, sozusagen der Ursprung des Lebens oder ob Bakterien die ersten Lebewesen gewesen sind. Fakt ist, dass die DNA aller Lebewesen auf diesem Planeten zu unterschiedlichen Anteilen aus der DNA von Viren besteht.

Welche Funktion haben Viren in unserem Körper?

Neben den etwa 700 Billionen Bakterien in unserem Körper bestehen wir also schon seit Milliarden von Jahren zu einem Großteil aus Viren oder Anteilen von Viren, wie man (s.o.) 2001 herausfand. Mit unseren kümmerlichen 70 Billionen Körperzellen sollte uns das somit keine Angst machen.

Im Gegenteil. Hätten diese Organismen es auf unser Ableben abgesehen, wäre das schon lange geschehen. Doch die stetigen Veränderungen, die Viren in unserem Erbgut positiv bewirkt haben und weiter bewirken, gehören zu unserer Evolutionsgeschichte, zu unserer Entwicklung zum Menschen.

Viren sind also „Bausteine des Lebens“. Ohne sie hätte es die Evolution, wie wir sie kennen, wohl nicht gegeben. Wie sah die evolutionäre Entwicklungshilfe der Viren aus?

Hierbei muss man bedenken, dass Evolution nicht ausschließlich und notwendigerweise  Weiter- und Höherentwicklung bedeutet. Sie kann auch in gegensätzlicher Richtung verlaufen: von hoher Differenzierung zu einfach strukturierten Organismen. Setzt man Viren bestimmten Lebensbedingungen aus, vereinfachen sie sich auf das Lebensnotwendige: die simple Fähigkeit zur Reproduktion.

Viren sind umhüllte Genom-Strukturen und keine eigenständigen Lebewesen. Sie können sich nicht selbstständig vermehren, dazu benötigen sie eine lebendige Wirtszelle. Grundsätzlich stellt die Symbiose von Mensch und Viren eine natürliche Beziehung dar und ist zunächst Ausdruck eines gesunden Organismus. Das Verhältnis von Virus zu Wirtszelle kann sich allerdings in verschiedener Weise gestalten – von einer friedlichen Koexistenz bis zur Zerstörung der Zelle.

Zumeist verharren Viren in ihren Wirtszellen inaktiv und schädigen den Wirt nicht. Ihre Vermehrung erfolgt durch die natürliche Teilung der Wirtszelle. Nicht zuletzt deshalb leben ca. 80 % der Corona-Infizierten symptomfrei und ohne Erkrankungszeichen.

Viren können allerdings ihr eigenes Genom auch in die DNA des Wirts-Organismus einbauen und werden in der Folge „weitervererbt“. Dieser in der Evolution wahrscheinlich wiederholt abgelaufene Mechanismus ist vermutlich dafür verantwortlich, dass unsere und die DNA aller Lebewesen einen großen Anteil an viraler DNA enthält.

Dieser hilfreiche Mechanismus sei nachfolgend an zwei Beispielen verdeutlicht:

Da ist zum ersten unser Immunsystem. Haben Viren eine Zelle infiziert, wollen sie dort keine Konkurrenz. Sie schotten ihre Wirtszelle gegen weitere Eindringlinge wie z.B. Bakterien, aber auch der eigenen Spezies ab, lassen sie nicht ein oder vernichten sie. Sie schützen die Zelle und somit uns vor weiteren Erregern. Ansonsten lässt das Virus die Zelle in Ruhe. Ein Untermieter, wie man ihn sich nicht besser wünschen kann.

Verbindet sich das Virus-Genom mit der DNA der Wirtszelle, wird dieser Abwehrvorgang in unserem Erbgut eingeschrieben und der Mechanismus zum Teil unseres Immunsystems, wir werden immun.

Das führte bereits früh zur Vermutung, dass Viren an der Konstruktion aller bekannten Immunsysteme beteiligt waren und sind.

Dies ist auch die grundsätzlich gute Idee hinter den Schutzimpfungen. Doch wird auch deutlich klar, dass das Ganze nur funktioniert, wenn unser Immunsystem normal arbeiten kann und nicht durch ungesunden Lebenswandel, eine vergiftete Umwelt oder durch belastende Zusatzstoffe verseuchte Impfstoffe („Impfverstärker“) bereits an der Grenze seiner Kapazitäten arbeiten muss.

Ein zweites Beispiel betrifft die menschliche Fortpflanzung. Es gibt Viren, die unser Immunsystem zu einer gewissen Toleranz gegenüber körperfremden Zellen befähigen. Diese partielle Immuntoleranz ermöglicht einem Embryo, sich bis zur Geburt im Körper der Mutter entwickeln zu können und nicht vom Immunsystem der Mutter abgestoßen zu werden.

Doch ohne Zweifel können Viren uns auch krank machen, wie die aktuelle Pandemie zeigt. Bestimmte Mechanismen können die Viren veranlassen, sich in den Wirts-Zellen zu  vermehren, was dann in der Regel die Zerstörung der Zelle nach sich zieht und bei entsprechendem Ausmaß zur Ausbildung von Erkrankungen führt. Doch sind wir daran nicht ganz unschuldig.

„Wenn Viren krank machen, sind die Menschen meistens selber verantwortlich. Denn sie haben Balancen gestört.“ So die Aussage von Prof. Karin Moelling,  einer renommierten deutschen Virologin. (3)

Gute Viren? Böse Viren?

Weder noch. Wir Menschen hatten nie ideale Lebensbedingungen. Im Gegenteil, wir mussten uns ständig unzähligen Herausforderungen stellen, uns an Umweltbedingungen anpassen, um als Spezies zu überleben. Viren haben uns das ermöglicht, indem sie ständig Veränderung in unserer DNA bewirken, die letztlich zu immer neuen Bewältigungsstrategien führten und führen. Die viele Zehntausende Jahre umfassende Geschichte der Gemeinschaft von Menschen und Viren ist in unseren Genen eingeschrieben. (4)

Was heißt nun „Gestörte Balancen“? Einerseits sind die Viren Motor unserer Evolution. Andererseits gehören Infektionskrankheiten, bakterielle wie virale, zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Beides sind Prinzipien des Lebens.

Eine Virus-Infektion, vielleicht auch Erkrankung in milder Form ist für unser Erbgut, aber auch unser Immunsystem, ein großer Innovationsschub, denn es kommt mit einem Schwung ein Satz an Genen zum vorhandenen Erbgut hinzu. Das bringt Neues, zumal Viren sehr pfiffige „Erfinder“ sind (Mutationen!!).

Dass ein Virus seinem Wirt gefährlich wird, hat meistens seine Ursache in einer gestörten natürlichen Balance. Ein Beispiel dafür sind unsere Ozeane. Dort vorhandene Algen enthalten Nährstoffe für andere Mikroorganismen. Andererseits, wenn wir Menschen Meere, Flüsse und Seen mit Schadstoffen verseuchen, vermehren Algen sich in solchen Gewässern und fungieren als „Müllverwertungsanlagen“.

Viele dieser Algen enthalten Viren. Wenn Algen sich zu stark vermehren oder nach getaner Arbeit nicht selber zurückbilden, werden die Viren in ihnen aktiviert und beginnen die Algen aufzulösen. Viren können somit entstehende Algenplagen beenden. (5)

Diese Viren regeln die Populationsdynamik von Algen. Algen und Viren sind seit Milliarden Jahren aufeinander eingespielt. (6)

Im Menschen existieren unzählige Virenarten, die zu unserer Mikrobiota, der Gesamtheit unserer natürlichen Mikroorganismen gehören. Aber es gibt auch pathogene, also potentiell krankmachende Viren in uns, ohne dass wir es überhaupt bemerken. Erst unter bestimmten Bedingungen, wenn z.B. unser Immunsystem durch äußere Einflüsse überlastet wird, werden sie aktiv. Ein bekanntes Beispiel ist das Herpes-Virus, das viele Menschen in sich tragen. Erst in Stress-Situationen wird es rege und zeigt sich in seiner unangenehmen Erscheinung in Form von Lippenbläschen.

Stress-Situationen sind gestörte Balancen! Wir erkranken nicht nur durch Ansteckung, sondern dadurch, dass wir uns überarbeitet haben, unterkühlt sind, aus unserem Gleichgewicht kommen.

Lebensrettende Viren

Ein neuer Forschungsgegenstand sind die multiresistenten Keime. Sie sind ein hochgefährliches Problem, besonders in unseren Krankenhäusern. Jährlich sterben in Deutschland bis zu 20.000 Menschen an Infektionen durch multiresistente Bakterien. (7) Ursache sind in erster Linie zu häufiger und unnötiger Einsatz von Antibiotika. Auch Antibiotika in Tierfutter gehören dazu.

Es gibt ein natürliches Mittel, mit dem krankmachende Bakterien bekämpft werden können. Und das sind Viren!

Bakterien werden von speziellen Viren befallen, den sogenannten Phagen. Die Entdeckung der Phagen geht auf das Jahr 1917 zurück. Einige Jahre später kam Penicillin zur Anwendung (1928, Alexander Fleming) und drängte sie in der Bekämpfung bakterieller Erkrankungen in den Hintergrund. Doch nun könnten diese Bakterien-Phagen lebensrettend sein. (8)

Über mögliche Ursachen der Zunahme von Epidemien in unserer Zeit wird in der Wissenschaft derzeit intensiv diskutiert und geforscht. Ob man wirklich von einer Zunahme sprechen kann, ist nach Meinung einiger Wissenschaftler noch nicht ausgemacht.

Doch es mehren sich Hinweise, dass Viren in der dichten Bevölkerung der Großstädte und der enormen Mobilität ideale Ausbreitungs-Möglichkeiten vorfinden. Die Wege von Virus zu Wirt werden extrem kurz. Umweltfaktoren wie die Luftverschmutzung sind mit großer Wahrscheinlichkeit ein weiterer Faktor für den „Erfolg“ der Coronaviren.

Unsere aktuell einzigen als fast verzweifelt anzusehenden Gegenmaßnahmen,  deren Sinnhaftigkeit mehr als fragwürdig ist, bestehen darin, dass wir durch soziale Isolation versuchen, den Viren die Wege abschneiden und hoffen, die Menschen durch Injektion nicht ausgereifter Impfstoffe vor Infektionen bewahren zu können.

Es fällt schwer zu glauben, dass das dies die ultima ratio der heutigen Wissenschaft darstellt.  Es muss möglich sein, andere Lösungen zu finden. Es wird nicht ohne weiteres möglich sein, Städte zu entvölkern sowie Globalisierung und Mobilität rückgängig zu machen.

Im Laufe der Evolution hat sich der Mensch und das ihm geschenkte Leben mithilfe eines starken, von der Natur mitgegebenen und funktionstüchtigen Immunsystems als extrem widerstandsfähig erwiesen. Dessen lebenswichtige Arbeit gilt es zu unterstützen und zu fördern. Allerdings muss hierzu  exakt dieser Mensch sein vielfach gedankenloses und dadurch in gnadenloser Weise zerstörerisches Wirken in den Griff bekommen.

Quellen:
  1. Initial sequencing and analysis of the human genome, International Human Genome Sequencing Consortium, Nature volume 409, p. 860 – 921 (2001)
  2.  *Adel S, Karst F, González-Lafont À, Pekárová M, Saura P, Masgrau L, Lluch JM, Stehling S, Horn T, Kuhn H, Heydeck D. Evolutionary alteration of ALOX15 specificity optimizes the biosynthesis of antiinflammatory and proresolving lipoxins. Proc Natl Acad Sci U S A. 2016 Jul 26;113(30):E4266-75. doi: 10.1073/pnas.1604029113. Erratum in: Proc Natl Acad Sci U S A. 2016 Nov 21; Proc Natl Acad Sci U S A. 2016 Nov 21.
  3. https://de.wikipedia.org/wiki/Karin_Moelling
  4. https://cordis.europa.eu/article/id/31829-viruses-and-the-human-genome-new-perspectives-on-an-old-relation/de
  5. https://www.innovations-report.de/fachgebiete/biowissenschaften-chemie/viren-algen-meer-einfluss-viren-biogeochemischen-219863/
  6. https://goetheanum.co/de/nachrichten/was-die-viren-uns-lehren
  7. https://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressemitteilungen/2019/14_2019.html
  8. https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Phagentherapie-Bakterien-mit-Viren-bekaempfen,phagen101.htmss